Warzenenten

Vererbung der Warzenente

Die Vererbung der Warzenente

Auszug von Martin Linde

Hier ein Auszug aus der Farbgenetik von Dr. Martin Linde
http://linde-gefluegel.jimdo.com/



Die über die Jahre geleistete Zuchtarbeit brachte nicht nur eine Größenzunahme mit sich, sondern auch eine Vielfalt an Farbschlägen hervor, bei denen sozusagen für jeden Geschmack etwas dabei ist. Zur Zeit sind im deutschen Rassegeflügelstandard 11 Farbschläge anerkannt, zum einen wildfarbig, blau-, perlgrau- und braun-wildfarbig. Alle Tiere dieser 4 Farbschläge müssen eine weiße Wildzeichnung aufweisen. Diesen sogenannten Spiegel bilden die Flügeldeckfedern. Im juvenilen Alter sind dies meist nur einige wenige weiße Federn, die durchaus verdeckt getragen werden können, also von außen nicht sichtbar sein müssen. Dieser Spiegel breitet sich im Alter über den gesamten Flügelbug aus. Weitere Farbschläge sind die Einfarbigen in weiß, schwarz und blau, sowie Schecken in schwarz, blau und braun und schwarze Tiere mit Weißlatzscheckung. Das sind aber noch längst nicht alle Variationen, welche die Gene der Warzenenten für uns bereithalten. Über das Internet und durch viele Telefongespräche war es mir möglich, zusammen mit Brian-Paul Witt, Schatzmeister der Vereinigung der Züchter schwerer Entenrassen mit Sitz in der USA, die uns bekannten Variationen der Warzenenten zu vergleichen und zu ergänzen. Die Ställe der amerikanischen Warzenentenzüchter beheimaten eine weit größere Palette von Farben. Sie können nämlich Tiere nichtstandardisierter Farben in einer AOV-Klasse (any other varieties) ausstellen, ähnlich der AOC-Klasse bei Tauben. Diese Möglichkeit macht scheinbar experimentierfreudig.

 

Aber so euphorisch Mr. Witt und ich beim zusammentragen der Farben waren, so unvereinbar sind unsere Ansichten zum Zuchtziel in Warze und Form. Der amerikanische Grundsatz „The bigger, the better!“ (je größer, desto besser) zeigt sich auch in ihren Enten. Sie können nicht groß genug sein. Da werden Brustkiele, Bauchwammen und auf dem Boden schleifende Bäuche akzeptiert. Noch krasser soll die Warzenbildung sein. Möglichst grob, runzlich und reichlich ausladend. „Gute“ Ausstellungserpel haben nur noch Sehschlitze in ihrer Gesichtswarze. Wer da mit dem deutschen Schönheitsideal für Warzenenten groß geworden ist, weiß nicht, ob er bei solchen Zuchtzielen weinen oder lachen soll. Aber über Geschmack lässt sich Gott sei Dank nicht streiten und die Farben sind die selben, egal auf welchem Typ Warzenente. Und um diese ging es uns vorrangig.

             

Die Wildfarbigen (eng. black) sind mit ihrer schwarzen Grundfarbe und dem schönen Grünglanz der Wildform noch sehr ähnlich und werden von uns als Basisfarbschlag angesehen, von dem alle Farbenschläge abgeleitet sind. Nur die Gesichtsfarbe, die möglichst feurig rot sein sollte, unterscheidet sie von den wilden Moschusenten, die eine nahezu schwarze Stirn- und Gesichtswarze haben. Vereinzelte schwarze Flecken im roten Gesichtsfeld kommen bei den Wildfarbigen durchaus vor und breiten sich im Alter meist noch aus. Möglichst schwarze Läufe sind genauso gefordert, wie der schwarzgraue Schnabel, der zur Spitze hin fleischfarbig wird und dann mit einer möglichst dunklen Bohne endet.

Das Gen P für wildfarbig liegt auf dem Geschlechtschromosom Z. Im Gegensatz zu Säugetieren haben männliche Vögel zwei gleiche Geschlechtschromosomen (ZZ). Weibliche Tiere dagegen sind heterogametisch (ZW) und somit geschlechtsbestimmend. Das bedeutet ebenfalls, das weibliche Warzenenten immer reinerbig für wildfarbig sind, wohingegen Erpel auf ihrem zweiten Z Chromosom ein gonosomal rezessives Gen für eine andere Farbe tragen können. Sie sind dann phänotypisch wildfarbig, aber vom Genotyp her mischerbig.

Bei Warzenenten kann zusätzlich der autosomaler Verdünnungsfaktor N (nicht verdünnt) bzw. n (verdünnt) auftreten. Er wird intermediär vererbt. Wildfarbige sind diesbezüglich reinerbig „nicht verdünnt“, tragen also NN. Ist ein wildfarbiges Tier für diesen Verdünnungsfaktor mischerbig (Nn), sozusagen halb verdünnt, so ist es phänotypisch blau-wildfarbig. Die Blau-wildfarbigen (eng. blue) sollen ein lichtes Blaugrau zeigen, mit einem; etwas dunkleren Saum um jede Feder. Die Erpel sind im Farbton etwas dunkler als die Enten. Der Kopf und Oberhals sind schwarz bis tief dunkelgrau, auch die Decken zeigen sich im Blau am dunkelsten, die Schwingen hingegen am hellsten. Diese Farbverteilung wird von dem besagten Verdünnungsfaktor n verursacht. Deshalb können blaue Warzenenten niemals am ganzen Körper den gleichen Farbton aufweisen, wie Wildfarbige, Perlgrau- oder Braun-wildfarbige. Die Lauffarbe sollte bei den Blauen so dunkel wie möglich sein. Da aber hellblaue Tiere bevorzugt werden, sollten hier Zugeständnisse gemacht werden. Denn je heller das Blau, desto heller die Lauffarbe. Verpaart man blaue Warzenenten untereinander so erhält man statistisch gesehen 25% wildfarbige, 50% blaue und auch 25% schmutzig-weiße Enten. Diese sogenannten Fehlfarben sind genetisch wildfarbig, aber reinerbig für n, also „voll verdünnt“. Sie werden in den USA silver (dt. Silber) genannt. Solche Enten zeigen im Jugendkleid einen Isabellton. Der durch den Faktor n wieder entsprechend verteilt ist. Am intensivsten am Kopf und Decken, am schwächsten in den Schwingen. Beim adulten Tiere weicht der Isabellton einem hellen silbergrau. Verpaart man nun wildfarbig x silber, so sind, Mendel sei Dank, alle Nachkommen blau-wildfarbig. Allerdings sind diese im Blauton nicht besonders hell. Meine Erfahrung nach werden blau-wildfarbige Warzenenten heller, je mehr sich die Linie von ihren wildfarbigen Stammvätern entfernt. Deshalb zeigen auch Wildfarbige die aus einer gefestigten blau-wildfarbigen Linie stammen, eine aufgehellte Lauffarbe, helle Kehlen und einen leichten Braunton in Brust und Bauch.

 

Durch Mutation entstanden aus wildfarbigen Enten Braun-wildfarbige. Sie tragen auf dem Z Chromosom das rezessive Gen f statt dem P für wildfarbig. Diese Tiere sollten am ganzen Körper ein sattes Schokoladenbraun zeigen. Das Hauptaugenmerk liegt dabei nicht unbedingt auf dem Farbton, sondern eher auf der Gleichmäßigkeit der Farbe. Tiere, mit noch unausgereiften Gefieder, zeigen helle und dunklere Bereiche. Das Gesicht sollte ebenfalls feurig rot und die Läufe dunkelbraun sein.
Genau wie die Wildfarbigen sind auch die Braun-wildfarbigen reinerbig „nicht verdünnt“ (NN). Analog zu wildfarbig findet sich auch hier eine auf braun-wildfarbig basierende Verdünnungsreihe. Die mischerbigen Nn-Träger aus braun werden im englischen als lilac (dt. fliederfarbig) bezeichnet. Sie sind am Körper mattviolett oder malvenfarbig mit hellbraunem Anflug. Der Kopf, die obere Brust und die Decken sind mittel kakaobraun mit schwachem Purpur-Ton. Das Ende der braunen Verdünnungsreihe sind die Ledergelben (eng. buff) Tiere. Der Farbton ist ein sehr helles Ledergelb, um einiges heller als bei den Orpingtonenten. Auch hier sind der Kopf, der obere Hals und die Decken dunkler, nämlich zimtfarben.

           

Eine weitere Grundfarbe ist das Perlgrau-wildfarbig. Solche Tiere sind genetisch wildfarbig und tragen zusätzlich ein sogenanntes Pastellgen. Es ist gegenüber der Wildform rezessiv. Das heißt, wenn man reinerbige Wildfarbige mit reinerbig Perlgrau-Wildfarbigen verpaart, sind alle Nachkommen wildfarbig. Meiner Erfahrung nach ist dieses Pastellgen aber auch bei heterozygoten Tieren nicht ganz inaktiv. Das Einkreuzen perlgrau-wildfarbiger Enten in eine blau-wildfarbige Linie verändert merklich den blauen Farbton. Im Gegenzug ist eine Übertragung des Verdünnungsfaktors n auch auf eine perlgraue Linie möglich. Dies bewirkt aber nur die für n typische Farbverteilung und eine nur unmerkliche Aufhellung der perlgrauen Farbe. Perlgrau-wildfarbig ist in den USA unter dem Namen self-blue und in England als lavender (lavendelfarbig) bekannt und sehr beliebt. Auch in Deutschland sieht man sie immer häufiger. Auch bei diesem Farbschlag ist die Gleichmäßigkeit der Farbe am ganzen Körper, sowie ein intensiv-rotes Gesicht und dunkle Läufe wichtig. Dabei kommt es nicht unbedingt darauf an, wie dunkel genau die Läufe sind. Viel wichtiger ist, dass sie nicht gescheckt sind. Gerade bei den Perlgrauen finden sich häufig unschöne fleischfarbige Flecken, vor allem auf den Schwimmhäuten. Solche Tiere sollten von der Zucht ausgeschlossen werden.

 

Dem Ledergelb sehr ähnlich sind die creme-farbigen Warzenenten. Diese Farbe entsteht aber nicht durch den Verdünnungsfaktor n, sondern durch Kombination des Pastellgenes mit Braun-wildfarbig. Dementsprechend sind die Cremefarbigen auch am ganzen Körper gleichmäßig gefärbt. Sie zeigen ein helles Beige, wobei die amerikanischen Züchter Wert darauf legen, dass keine Schattierungen oder Aufhellungen zu sehen sind.

 

Weiß und Schwarz sind die zwei einfarbigen Farbschläge im deutschen Standard. Die Weißen sind bei uns der beliebteste Farbschlag. Der Faktor pp verursacht hier ein Fehlen des Melanins (Farbstoff) in allen Federn. Er vererbt sich intermediär zu dem Faktor PP, der die Pigmenteinlagerung aller farbigen Tiere steuert. Die Weißen zeigen den höchsten Zuchtstand in der Körperform und Warzenbildung. Die meisten ausgestellten Tiere besitzen auch das geforderte, feurig-rote Gesicht, die sattgelben Läufe, eine reinweiße Farbe und einen hellen Schnabel mit rotfleischfarbiger Binde und heller Schnabelbohne. Aber gerade weil weiße Warzenenten so gut verbreitet sind, sollten, wenn grobe Fehler auftreten, die Samthandschuhe bei der Bewertung ausgezogen werden. Tieren mit schwarzen Flecken in den Läufen oder in dem roten Gesichtsfeld, mit andersfarbigen als weißen Federn am ganzen Körper oder mit einen dunklen Stip in der hellen Schnabelbohne sollte ein g verwehrt bleiben.

 

Rein schwarze Warzenenten, ohne weißen Spiegel, sind in Deutschland sehr selten. Zuchtfreund Witt meinte solche Tiere in den USA gar nicht zu kennen. Diese Tiere sind am ganzen Körper schwarz mit intensiven Grünglanz. Auch das fleischige Gesichtsfeld und die Stirnwarze sollten, im Gegensatz zu der roten Gesichtsfarbe der Wildfarbigen, möglichst einheitlich schwarz sein. Genauso unbekannt in den USA und noch seltener bei uns sind die einfarbig Blauen. Sie sind das blaue Äquivalent zu den Schwarzen und werden mit und ohne Saum beschrieben. Meiner Meinung nach haben alle blauen Warzenenten einen Saum. Er ist nur bei manchen Tieren so schmal, dass er objektiv nicht mehr zu sehen ist.

    

Wem diese Farbenvielfalt noch nicht genügt, dem kann vielleicht noch eine der vielen Zeichnungsvarianten der Warzenenten gefallen. Vor allem die Herzschecken lassen viele Züchterherzen höher schlagen. Sie sind in den USA unter dem Begriff „Magpie“ bekannt, aber sehr selten. Mr. Witt war begeistert über die Qualität der deutschen Tiere, vor allem in der Gleichmäßigkeit der Zeichnung. Obwohl sich die Herzscheckung mit allen og. Farben kombinieren lässt, sind sie bei uns nur in schwarz, braun und blau anerkannt. Gefordert wird eine farbige Kappe, von der Schnabelwurzel, über das Auge, bis maximal zum Ende des sträubbaren Nackengefieders. Auch der Rücken ein Teil der Flanken und der Oberschwanz sind farbig. Die Keilfarbe sollte möglichst weiß sein. Hinzukommt das namensgebende, farbige Herz auf den Schultern und Decken. Hier ist nicht unbedingt wichtig ob es groß oder klein ist, sondern es sollte symmetrisch sein. An die Gesichtsfarbe werden keine hohen Ansprüche gestellt, ein Rot ist aber anzustreben.

 

Eine in Amerika häufigere Zeichnung ist die Weißkopfscheckung. Sie ist ebenfalls mit fast jeder Farbe kombinierbar. Der Faktor c verursacht bei einfarbigen Tieren die einheitliche Pigmentierung am ganzen Körper. Weißköpfe sind für diesen Faktor mischerbig (Cc). Die Züchter legen darauf Wert, dass nur der Kopf und das obere Halsdrittel rein weiß sind, während der restliche Körper farbig ist.

 

Der rezessive Latzfaktor d verursacht bei farbigen Warzenenten eine Weißlatzscheckung. Dieser Latz dehnt sich, ähnlich dem der Pommernente, auf der oberen Brust und dem vorderen, unteren Hals aus. Er sollte scharf abgegrenzt und rein weiß sein.

           

 

 

Besonders schöne und interessante Zeichnungsvarianten sind gestreifte und gesperberte Warzenenten. Das Gen, welches die Streifung hervorruft wird mit b bezeichnet, abgeleited vom englischen barring (gestreift). Es vererbt sich rezessiv und ist deshalb sehr selten. Gestreifte Tiere sind schon als Küken an ihrem Dunengefieder zu erkennen. Es ist rauchig-gelb mit einem, in der jeweiligen Grundfarbe gefärbten Schwanz. Nach dem ersten Gefiederwechsel zeigen die Jungtiere gut abgegrenzte, helle Streifen, die sich über die ganze Federbreite erstrecken. Je nach Länge, weisen die meisten Brust-, Flanken- und Rückenfedern 6-10 Streifen auf. Arm- und Handschwingen, sowie die Schwanzfedern sind einfarbig. Nach dem zweiten Gefiederwechsel verblasst ihre Streifung bzw. verschwindet gänzlich. Bei den meisten Tiere tritt die Streifung im zweiten Jahr zumindest teilweise wieder auf. Vorrangiges Zuchtziel in den USA ist eine sauber abgegrenzte Zeichnung, welche sich so wenig wie möglich verliert. Diese Zeichnungsvariante tritt auch hin und wieder in Deutschland auf. Ich fand unregelmäßig gescheckte Warzenenten, die in ihren farbigen Feldern eine Streifung aufwiesen. Allerdings verschwand diese im zweiten Jahr auf nimmer wiedersehen.

       

Eine Sperberung bei Warzenenten wird durch den ebenfalls rezessiven Sperberungsfaktor r (von rippled) hervorgerufen. Im Gegensatz zu gestreiften Enten, weisen die Gesperberten auch Zeichnung in den Schwung- und Schwanzfedern auf. Allerdings ist Zeichnungsfarbe dunkler als die jeweilige Grundfarbe.

In Amerika werden nur braun-, perlgrau- ,creme- und dunkel-gesperberte Enten gezüchtet. Die dunkele Farbvariante tritt nur in Kombination mit dem Sperberungsfaktor auf. Die Grundfarbe ist ein Dungrau mit dunkleren Streifen, die sich unregelmäßig gewellt über die ganze Feder verteilen. Am schärfsten abgegrenzt ist die Zeichnung an den Rücken-, Schwanz- und Schwungfedern. Die braun-gesperberten Tiere haben eine hellbraune Grundfarbe mit schokoladenbrauner Sperberung. Perlgrau-gesperberte Enten sind hell-perlgrau mit blaugrauer Zeichnung, wohingegen creme-gesperberte Tiere hell-cremefarbig mit dunkelgelber Zeichnung sind.

 

Nicht jede dieser Variationen muss unbedingt unseren Rassegeflügelstandard bereichern, aber vielleicht helfen sie diese schöne Entenrasse mit anderen Augen zu sehen und zeigt wie viel Potential unsere Warzenenten für interessierte Züchter haben. Falls Interesse an weiteren Informationen besteht, stehe ich gern zur Klärung von Fragen zu Verfügung.

 

Dr. Martin Linde

 


 
 
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